Antrag zur Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Zierenberg am 26.4.2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bitten den nachfolgenden Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Stadtverordnetenversammlung am 26.04.2021 zu nehmen:

Der Magistrat wird beauftragt Möglichkeiten dahin gehend zu prüfen, einen Teil der stadteigenen Forstflächen, die von Trockenheit und Borkenkäferkalamität zerstört wurden und gerodet werden mussten, nicht wieder aufzuforsten sondern zu räumen um sie sich dann selbst zu überlassen. Im Rahmen der allgemeinen Wiederaufforstung könnten so kleine Lichtungen geschaffen und offengehalten werden. Zu bevorzugen sind nach Möglichkeit Flächen mit Südausrichtung, die sich schnell erwärmen und sich somit als Habitate für wärmeliebende Insekten und Pflanzen entwickeln können und zur gewünschten Erweiterung der Biodiversität beitragen.
Darüber hinaus ist zu prüfen, ob sich hieraus Ökopunkte generieren lassen.
Finanzierung: Finanzierung durch Einsparung von Aufforstungskosten auf den ausgesuchten Flächen.

Begründung:

Die Trockenheit der vergangenen 2 Jahre sowie zeitgleicher Borkenkäferbefall haben zu Schäden und Verlusten auch im stadteigenen Wald geführt. Werden diese Flächen geräumt, bietet sich aktuell die einmalige Chance, zumindest auf Teilbereichen neue Biotope im Rahmen kleinerer Lichtungen in der Größe von ca. 0,5 (+/-) ha zu etablieren. Ziel ist, mittel- und langfristig die Artenvielfalt bei Insekten und Pflanzen zu fördern. Dazu eignen sich besonders südwärts geneigte Flächen mit offenen Böden, die sich im Frühjahr rasch erwärmen können.
In Teilen der Gesellschaft wird vielfach Artenschwund bei Insekten und Pflanzen thematisiert. Veränderte Rahmenbedingungen und Formen der allgemeinen Landbewirtschaftung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft aber auch innerhalb von Siedlungsgebieten sowie die Ausweitung von Siedlungsflächen, Straßenbau und Industrieansiedlungen haben in den vergangenen 70 Jahren vielfach zu Verlusten wichtiger Habitate geführt.
Im Rahmen diverser Programme setzt die Politik auf EU- und Bundesebene (z. B. Insektenschutzprogramm der Bundesregierung) hauptsächlich auf Blühstreifen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen oder auch auf Anlage von Blühflächen im öffentlichen und privaten Bereich. Diese Maßnahmen sind einerseits sinnvoll, andererseits nützen sie allerdings hauptsächlich den erwachsenen Insektenstadien zur Nahrungsaufnahme und tragen somit weniger zur Vermehrung der Artenvielfalt als vielmehr zur Erhaltung des Status Quo bei.
Zur Förderung des Artenspektrums ist es deshalb notwendig, auch für die Vorstadien der Insekten (Ei, Larve, Puppe) Lebensräume zu schaffen. Dazu zählen vor allem leichte, offengehaltene und sich schnell erwärmende Böden im Frühjahr. Forstflächen sind gut geeignet, weil sie naturgemäß nicht in dem Maße mit Nährstoffen versorgt sind wie landwirtschaftlich genutzte Böden. Deshalb bieten sich gerade diese Flächen zur Schaffung neuer Lebensräumen für Wildpflanzen an, die für die Entwicklung verschiedener Insekten lebensnotwendig sind (Wildbienen, div. Schmetterlingsarten u. a.).
Ein Blick in die Vergangenheit gibt Hinweise. Fachleute gehen davon aus, dass etwa Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland die höchste Artenvielfalt vorhanden war. Dieser Zustand war das Ergebnis eine über Jahrhunderte praktizierte Wirtschaftsweise zur Ernährung der Bevölkerung mit gravierender Ausbeutung landwirtschaftlicher und forstlicher Flächen, die landwirtschaftlichen Böden waren ausgelaugt, abgetragene Humusschichten von Brachflächen und aus den ortsnahen Hutewäldern dienten zu Düngung. Die damalige Artenvielfalt resultierte aus dieser letztendlich bodenzerstörenden Wirtschaftsweise. Diese Wirtschaftsweise ist heute undenkbar.
Diese damalige Artenvielfalt ist heute ansatzweise nur noch dort zu finden, wo vergleichbare Verhältnisse hinsichtlich zerstörter Böden herrschen: Truppenübungsplätze, Steinbrüche, Abbruchkanten mit bröckelnder Erde, Tagebaue und Abraumhalden, langjährige Industriebrachen und ähnliche Areale.
Solche Areale sind in Zierenberg nicht vorhanden. Zur Förderung der Artenvielfalt ist es deshalb sinnvoll, auf die Möglichkeiten zurückzugreifen, die sich uns vor Ort bieten. Im Bereich Landwirtschaft stehen schon vermehrt Blühstreifen mit wachsender Tendenz zur Verfügung. Durch die entsprechende Herrichtung einer oder einiger kleiner -durch Trockenheit und Borkenkäfer zerstörter Waldflächen- haben wir heute die einmalige Chance, darüber hinaus auch im Wald Habitate zur Förderung der Artenvielfalt zumindest in Ansätzen zu entwickeln. Die Stadt Zierenberg könnte hier eine Vorreiterrolle einnehmen.

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